Eine freche Prinzessin, die verzückt
Plauen. Es war einmal. Oder auch nicht. Regisseurin Franziska Ritter will ja niemanden mit abgenutzten Floskeln langweilen. Also beginnt sie den Grimmschen Klassiker damit, dass ein großes Plüschschwein über die Bühne fliegt. "Es kam einmal ein Schwein geflogen", sagen die Gebrüder Grimm dazu, während das rosarote Schwein einen hohen Bogen macht. Und dann erzählen sie von "König Drosselbart".
Die Kinder, für die dieses Weihnachtsstück gemacht ist, sind beeindruckt. Das Märchen dauert gut eine Stunde und beweist, wie wenig es für gute Unterhaltung braucht. Das Theater Plauen-Zwickau zeigt in seinem Plauener Haus den Drosselbart als Schauspiel und hat dafür erneut die Berliner Regisseurin engagiert. Die hatte bereits mit "Bei der Feuerwehr wird der Kaffee kalt" ein Stück für Theaterkultur-Einsteiger vorgelegt und ihr Publikum verzückt.
Die Kinderproduktionen in der Weihnachtszeit sind Kult. Sie machen Spaß auch ohne Popcorn und Limonade. Meistens gibt es - wenn überhaupt - nur Restkarten. Für den "Drosselbart" lohnt sich kaum der Anruf an der Theaterkasse. Es sei denn, man hat wochentags nach dem Frühstück Zeit zum Theaterbesuch (7. und 13. Dezember).
Das Schöne an Märchen ist, dass sie sich schnell erzählen lassen. Es gibt gute Prinzessinnen und böse, arme Menschen und reiche und in der Regel ein gutes Ende. Prinzessin Rosalinde aus "König Drosselbart" ist in diesem Fall ein verzogenes Einzelkind. Julia Hell spielt sie so frech und überzeugend, dass die Kinder im Publikum verzückt klatschen. Zum Beispiel, als sie mit Boxhandschuhen durch die Gegend hüpft. Einem Knirps aus der ersten Reihe nimmt sie die Digitalkamera ab, weil sie Blitzlichter nicht mag und das Theater nun mal nicht der Weihnachtsmarkt ist. Peter Princz spielt den leicht trotteligen dickbäuchigen König, dem bei der Erziehung seiner Tochter einiges misslungen ist. Und Daniel Koch gibt den Drosselbart. Eigentlich heißt er ja Hans, der Drosselbart. Er biegt sich die hübsche Prinzessin im Laufe der Geschichte so zurecht, dass man sie heiraten kann, ohne am Ende so zu werden wie ihr Vater. Die Brüder Jacob und Wilhelm Grimm hat Regisseurin Franziska Ritter ebenfalls eingebaut. Sie erzählen die Rahmenhandlung und sind zwei hyperaktive Spitzbuben, gespielt von Till Alexander Lang und Marcel Kaiser.
Aufs Wesentliche reduziert ist das Bühnenbild. Mal besteht es aus einem Haufen aus Liebesbriefen, mal aus Bäumen, die aussehen wie große grüne Lutscher. Den Rest macht die Fantasie der Kinder, und das ist gut so.
Manuela Müller in Freie Presse (03.12.2017)